Polyneuropathie durch Chemotherapie: Was hilft, wenn die Nerven nerven?
Kribbeln, Taubheitsgefühle oder brennende Schmerzen – viele Menschen, die eine Chemotherapie durchlaufen haben, kennen diese Symptome. Die sogenannte Chemotherapie-induzierte Polyneuropathie (CIPN) ist eine häufige Nebenwirkung, die das Leben stark beeinträchtigen kann. Doch es gibt Möglichkeiten, die Beschwerden zu lindern. In diesem Artikel erfährst du alles über Ursachen, Symptome, Vorbeugung und wirksame Behandlungsmöglichkeiten.
Was ist eine Chemotherapie-induzierte Polyneuropathie (CIPN)?
Während der Chemotherapie greifen bestimmte Medikamente nicht nur Krebszellen an, sondern können auch gesunde Nervenzellen schädigen. Besonders betroffen sind die peripheren Nerven, also jene, die Arme, Beine, Hände und Füße versorgen.
Typische Symptome einer Polyneuropathie:
✔ Kribbeln oder Taubheitsgefühle in Händen und Füßen
✔ Brennende oder stechende Schmerzen in den Extremitäten
✔ Empfindungsstörungen, z. B. eine verminderte Temperatur- oder Schmerzempfindlichkeit
✔ Muskelschwäche oder Unsicherheit beim Gehen
✔ Feinmotorische Probleme, z. B. Schwierigkeiten beim Knöpfen oder Schreiben
Diese Symptome können während oder nach der Chemotherapie auftreten und sich mit der Zeit verstärken. Manche Betroffene haben Glück, und die Beschwerden bilden sich ganz zurück oder werden deutlich geringer – bei anderen bleiben sie jedoch bestehen.
Warum tritt Polyneuropathie durch Chemotherapie auf?
Chemotherapeutische Medikamente zielen darauf ab, sich schnell teilende Zellen zu zerstören – denn Krebszellen wachsen unkontrolliert und teilen sich rasch. Leider sind auch andere empfindliche Zellen betroffen, darunter die Nervenzellen, insbesondere ihre langen Fortsätze, die sogenannten Axone.
Schädigung der Nervenzellen und Myelinschicht
Nervenfasern sind mit einer Schutzhülle aus Myelin umgeben. Diese Hülle sorgt dafür, dass Nervensignale schnell und effizient weitergeleitet werden. Viele Chemotherapeutika – insbesondere Platin-haltige Wirkstoffe (z. B. Cisplatin) und Taxane (z. B. Paclitaxel) – können die Myelinschicht angreifen oder deren Regeneration verhindern. Ist diese Schutzschicht beschädigt, werden die Nerven reizempfindlicher und reagieren auf normale Berührungen mit Schmerzsignalen oder Missempfindungen.
Entzündungsreaktionen und oxidativer Stress
Viele Chemotherapeutika lösen eine Entzündungsreaktion im Körper aus. Dabei entstehen freie Radikale, die Nervenzellen zusätzlich schädigen können. Diese oxidative Belastung verstärkt die Nervenschäden und kann auch eine anhaltende Überempfindlichkeit gegenüber Schmerzreizen verursachen.
Warum sind besonders Hände & Füße betroffen?
Die Symptome der Polyneuropathie treten besonders häufig in Händen und Füßen auf. Das liegt daran, dass:
🔹 Die peripheren Nerven besonders lang sind und dadurch anfälliger für Schäden.
🔹 Die Nerven an den Extremitäten weiter vom zentralen Nervensystem entfernt sind und sich langsamer regenerieren.
🔹 Die Durchblutung in Händen und Füßen geringer ist, wodurch Medikamente und Giftstoffe dort länger verweilen und mehr Schaden anrichten können.
Wie kann man einer Polyneuropathie vorbeugen oder sie behandeln?
Kühlung der Extremitäten während der Chemotherapie
Eine effektive Methode zur Vorbeugung der CIPN ist die kontrollierte Kühlung der Hände und Füße während der Chemotherapie. Durch die Kühlung verengen sich die Blutgefäße (Vasokonstriktion), wodurch weniger zytotoxische Substanzen an die Nervenenden gelangen und diese geschont werden.
Medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten
- Schmerzmittel, Antidepressiva oder Antikonvulsiva (z. B. Gabapentin)
- Akupunktur, die bei manchen Patienten zu einer Linderung führt
- Reizstromtherapie (TENS) zur Beeinflussung der Schmerzsignale
- Capsaicin-Salben oder Lidocain-Pflaster für lokale Anwendungen
Bewegung & Physiotherapie
Regelmäßige Bewegung und gezieltes Training helfen, die Durchblutung zu verbessern und Nervenschäden vorzubeugen. Empfohlene Maßnahmen sind:
✔Fußmassagen & Reflexzonenmassage können helfen, die Symptome zu lindern
✔ Physiotherapie & Gehtraining zur Stärkung der Muskeln
✔ Aquagymnastik für schonende Bewegung
✔ Massage mit Igelbällen oder Bürsten zur Stimulation der Nervenenden
✔ Wechselbäder zur Förderung der Durchblutung
Entspannungstechniken & mentale Unterstützung
Techniken wie autogenes Training, Meditation oder progressive Muskelentspannung können helfen, die Schmerzverarbeitung zu verbessern.
Ernährung & Vitamine für die Nervengesundheit
Ein gesunder Lebensstil kann die Nervenregeneration positiv beeinflussen. Wichtige Nährstoffe sind:
Vitamin B1, B6 & B12 – fördern die Nervenfunktion
Omega-3-Fettsäuren – wirken entzündungshemmend
Magnesium & Kalium – unterstützen die Muskel- und Nervenfunktion
Alpha-Liponsäure – schützt vor oxidativem Stress
Vermeidung von nervenschädigenden Faktoren
🔹 Alkohol & Zigaretten meiden, da sie die Nerven zusätzlich belasten.
🔹 Extreme Temperaturen (Kälte oder Hitze) an Händen & Füßen vermeiden.
🔹 Stress reduzieren – z. B. durch Meditation oder autogenes Training.
Wie Nervenstimulation bei Polyneuropathie helfen kann
Eine effektive Strategie gegen Polyneuropathie ist die gezielte Stimulation der Nervenenden. Viele Betroffene empfinden es als hilfreich, die betroffenen Stellen mit speziellen Hilfsmitteln sanft zu massieren oder durch Berührung zu stimulieren.
Hilfsmittel zur Unterstützung der Nervenregeneration
Igelbälle: Fördern die Durchblutung und aktivieren die Nerven durch sanften Druck.
Massageroller: Ideal für Arme und Beine, um Verspannungen zu lösen und die Nerven zu stimulieren.
Sensorik-Pads: Unterschiedliche Oberflächenstrukturen geben verschiedene Reize auf die Nerven.
Fußmassagematten: Stimulieren die Fußsohlen und helfen bei Missempfindungen.
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Leben mit Polyneuropathie – Tipps für den Alltag
✔ Bequemes Schuhwerk: Weiche Sohlen und guter Halt reduzieren das Risiko für Druckstellen.
✔ Handschutz beim Kochen & Arbeiten: Schnittfeste Handschuhe schützen vor Verletzungen.
✔ Bewusstes Gehen: Falls nötig, kann ein Gehstock oder eine Gehhilfe mehr Sicherheit bieten.
✔ Temperaturkontrolle: Vorsicht bei heißen Gegenständen, wenn die Temperaturwahrnehmung beeinträchtigt ist.
Fazit: Was tun bei Polyneuropathie nach Chemotherapie?
Polyneuropathie kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen, aber es gibt viele Möglichkeiten, die Beschwerden zu lindern. Eine Kombination aus gezielter Therapie, Bewegung, Stimulation der Nervenenden und einer nervenfreundlichen Ernährung kann helfen. Ein Wundermittel gibt es aber leider noch nicht.